Apostasie #1

Umschlag

Apostasie 1, 1.Auflage, März 2018

 

Die durch die technologische Vernetzung entstehenden Smart Cities sind das jüngste Versprechen der Herrschenden von Sicherheit und Freiheit. Die Freiheit sich keine Gedanken über den laufenden Ofen machen zu müssen, weil er sich eh von selbst ausschaltet. Die Sicherheit nicht zu verhungern, weil sich mein Kühlschrank automatisch um die Bestellung der Lebensmittel kümmert, wenn ich das nötige Geld dafür habe. Dass diese Sicherheit durch Verlust der eigenen Entscheidungsmöglichkeiten, bzw. der ausufernden Kontrolle meiner Aktivitäten erkauft wird, ist dabei nebensächlich bzw. nicht von Interesse.
Die Stadtverwaltung von Wien hat sich nun seit geraumer Zeit dafür entschieden bei dem weltweiten Hype um die Smart Cities mitzumachen und hat es tatsächlich geschaft letztes Jahr in einem Rating der Smartesten Städte den ersten Platz zu erreichen. Das bedeutet schlicht, dass sich Wien im globalen Wettkampf als attraktiver Forschungs­ und Wirtschaftsstandort präsentieren kann. Die smarte Seestadt Aspern ist hierbei das weltweite Aushängeschild von Wien und dient als Präsentations­ und Versuchsfläche.
Wien verfolgt im Kontext der digitalen Aufwertung der Stadt eine spannende zweifache Stoßrichtung. Einerseits wird am ehemaligen Flugfeld Aspern, aus dem Nichts, ein neuer Stadtteil aus dem Boden gestampft und andererseits wird versucht die bestehenden „alten“ Teile der Stadt langsam und „schonend“ aufzuwerten.
Für die Stadt Wien reiht sich diese Aufwertung ein in das romantisierte Konzept des „roten“ Wiens. Der Befriedung der Massen durch günstige Sozialbauten. In der heutigen Zeit, in der wir das Auslaufen des Konzeptes des Sozialstaates miterleben können, dient die Vernetzung der Bewohner_innen mit der Stadt Zweierlei:
Einerseits wird die Illusion aufrechterhalten, dass dies alles im Interesse der Menschen geschieht und diese sich ja auch in der guten demokratischen Tradition daran beteiligen können und andererseits als Ausbau des allgegenwärtigen Kontrollmechanismuses. Es ist eine praktische Ergänzung der sowieso schon allgegenwärtigen Kameras, wenn die Bevölkerung durch Apps in den allgemeinen Überwachungsapparat eingebunden wird.
Um dies den Menschen schmackhaft zu machen, werden Heerscharen von Meinungsforscher_innen und PR­Unternehmer_innen auf diese losgelassen.
Nicht verwunderlich also, dass der Großteil der in Wien angesiedelten Unternehmen, die im Bereich der Smart Cities aktiv
sind Beratungs­ und Meinungsbeeinflungs­ unternehmen sind. Diese kleinen Betriebe betreuen oft nur einzelne Nachbarschaftsinitiativen oder schreiben die Hochglanzbroschüren für die großen Unternehmen. Im Hintergrund reiben sich selbstverständlich die großen ITK­ Unternehmen die Hände, da eine vernetzte Stadt natürlich Unmengen an neuen Leitungen, Sensoren, Computern und Software braucht. In Wien tritt hier vor allem Siemens in Erscheinung, während sich die anderen bekannten Namen auf andere Teile der Erde konzentrieren.

Während in anderen betroffenen Gegenden der Widerstand teils durchaus sichtbar ist, herrscht in Wien doch oft eher das Dessinteresse oder schlimmer eine leichte Begeisterung für die neuen Möglichkeiten vor.
In dieser Situation, in der selbst die einfachste Argumentation für
Verweigerung abendfüllende Diskussionen auslöst, kann das Schreiben über die Notwendigkeit des Angriffs und der Zerstörung des Bestehenden als vergebliche Mühe wirken.

Dennoch muss diese letzendlich Zielsetzung bei der eigenen Positioniernung bleiben, um die individuelle Kontinuität und Würde zu wahren.
Eine Diskussion zu führen über Überwachungsmöglichkeiten durch die neuen Technologien, nur mit Bezug auf die Angriffe der staatlichen Strukturen auf das Individuum mangelt es an jeglicher kämpferischen Perspektive. Der Angriff der technologischen Akteur_innen ist mindestens genauso wichtig und muss ebenso miteinbezogen werden. Die Zerschlagung sozialer Beziehung und die Verwandlung der Individuuen in Daten zur Verwaltung, Kontrolle und Verkauf, sind genau so Teil des sozialen Krieges der Verteidiger der Macht, wie die direkten Angriffe der Repression.
Eine Diskussion über die Aneignungsmöglichkeiten der moderenen Technologien führt an der eigentlichen Funktion und den Einflüssen dieser Technologien vorbei.
Technologie war nie neutral. Das gilt insbesondere für die Technologien, die im Kontext der Ökonomie entstanden sind.
Die Rolle Wiens im globalen Netz der smarten Entwicklung führte zusammen mit diesen Gedanken zum Entstehen der vorliegenden Broschüre.
Im Sinne des kollektiven Lernprozesse ist es auch Notwendig die Schwierigkeiten bei der Arbeit offen zu legen.
Ein großes Problem war das Auswerten der Informationsflut. Die PR­-Abteilungen der Firmen schaffen es ganze Bücher nur mit den Schlagwörtern Smart City, Innovation, etc. zu füllen. Es wird ein Bild der unaufhörlichen Welle an Neuerungen gezeichnet, das nur dazu dienen kann Leser_innen zu begeistern oder von der Unausweichlichkeit der Neuerungen zu begeistern.
Dadurch, dass „smart“ ein momentanes Modewort ist, springen so ziemlich alle Unternehmen auf diesen Zug auf, wodurch es schwierig wird auszufiltern, wer inwiefern wo beteiligt ist. Dadurch ist so eine Schrift auch in ihrer Genauigkeit eingeschränkt und es fehlen bestimmt auch einige Akteuer_innen.
Wenn Konzepte und Begriffe nur angeschnitten werden, dann weil sie als gegeben angesehen werden, da Gefährt_innen in verschiedenen Teilen der Welt schon verschiedenste Analysen angestellt haben und diese auch ausreichend veröffentlicht wurden

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